Freitag, 21. Oktober 2016

Umwälzende Veränderungen in ein neues Medizin-Zeitalter

Digitale Techniken wird die Medizin revolutionieren. Mitdenkende Implantate oder das Labor auf einem Mini-Chip, welches auf seiner Reise durch den Körper Untersuchungsergebnisse in Zunkunft aus dem Innersten aufs Handy schickt. Wenn Herzen aus dem Drucker kommen und Roboter operieren, Injektionen setzen, Gewebeproben aus einem lebenden Organismus entnehmen und das Material untersuchen, bricht ein neues Zeitalter in der Medizin an. Was vielen derzeit noch unmöglich erscheint, ist zum Teil bereits medizinischer Alltag. Was heute schon in der Medizin möglich ist und wohin die Reise gehen wurde auf der PREVIEW zur MEDICA 2016 (11. - 17.11., Düsseldorf) aufgezeigt.


BildlegendeDas neue Assistenzsystem
benötigt lediglich fünf Minuten zum Platzieren der Nadel. © Fraunhofer


Knochen- und Organmodelle aus dem 3D-Drucker

Was leisten 3D-Druck in der Medizin wirklich? Technische Revolution oder medialer Hype? Die Medizinische Modellbau Manufaktur, fertigt auf Basis individueller Patientendaten dreidimensionale Kopien innerer Organe an. Aus bildgebender Verfahren wie CT oder MRT entstehen anatomische Modelle, die Organe oder Knochen mit Muskel- und Hautgewebe "originalgetreu" abbilden. Für die Medizin werden nach Bedürfnisse der spezialisierte Fachärzte, speziell angepasste, patientenspezifische, anatomische Modelle entwickeln und angefertigt. Das Projekt HumanX umfasst damit realitätsnahe medizinische Trainings- und Simulationsmodelle auf Basis von realen Krankheitsfällen. Angehende Ärzte können besonders komplexe und interessante Fälle zur Erweiterung ihrer beruflichen Erfahrung als wichtiges Übungsbeispiel nutzen. Der Mediziner kann so anatomische Gegebenheiten eines ausgesuchten Patientenfalls wie beispielsweise einen Herzklappendefekt vor und nach dem operativen Eingriff nachvollziehen und anhand beigefügter Patientendaten seine Kenntnisse überprüfen. 

Bis es möglich wird, implantierbare, lebende Organe - zum Beispiel eine Herzklappe - zu drucken, dürften noch einige Jahre vergehen - der Mensch ist halt kein starres Objekt und ändert sich mit dem Alter. http://www.mmm-3d.de/

Wenn Roboter feinfühlig Spritzen setzen

Die Ultraschalluntersuchung zeigt einen Schatten auf der Leber. Ein Tumor? Diese Frage kann oftmals nur eine Biopsie (Entnahme und Untersuchung von Material) beantwortet werden. Der Arzt nimmt mit einer langen  Nadel ein Stück des vermeintlich bösartigen Gewebes und lässt es im Labor untersuchen. Die Nadel für diese Entnahme präzise zu platzieren, ist jedoch alles andere als einfach. Zum einen gilt es sicherzustellen, dass der Arzt den Tumor erwischt - und nicht gesundes Gewebe einige Millimeter daneben entnimmt. Zum anderen darf die Nadel Adern, Nervenbahnen und Organe wie die Lunge nicht verletzen und durch knochenartige Strukturen wie die Rippen kann sie nicht hindurch. Um einen Überblick zu erhalten, macht der Arzt zunächst eine Computertomographie-Aufnahme. Anhand dieser manövriert er die Nadel an die richtige Stelle. Die gleiche Herausforderung stellt sich auch bei Therapiearten, bei denen über die Nadel Hitze, Kälte oder hochenergetische Strahlen gezielt in das erkrankte Gewebe geleitet und der Tumor somit zerstört wird. Roboter sollen künftig die Nadel schneller und Präziser an Ort und Stelle bringen. Roboter, die bisher in der Auto-Produktion tonnenschwere Karosserieteile durch die Lüfte jonglieren, können in Zukunft auch Injektionen setzen.

Robotertechnik steckt auch dahinter, wenn Menschen, die zum Beispiel querschnittgelähmt sind oder an einer neuromuskulären Erkrankungen leiden, bisher nicht ohne fremde Hilfe essen oder trinken können, wieder ein selbstbestimmtes Leben zurückgewinnen. Der Roboterarm JACO – eine Neuheit, des Erlanger Unternehmen ORFOMED demonstrierte auf der PREVIEW die technische Entwicklungen, neueste Materialien und mikroprozessorgesteuerte Systeme, die helfen fehlenden, motorischen Fähigkeiten zu verbessern. http://www.orfomed.de/

EKG-Aufzeichnung und Auswertung per App


Bei Menschen mit Herzbeschwerden ist es oft so, dass Intensität und Häufigkeit der Symptome variieren. Die Ungewissheit, ob die Schmerzen gefährlich oder harmlos sind, ist für viele schwer abzuschätzen. Ein Lösungsansatz zur Bekämpfung dieser Ungewissheit verspricht eine durch den Nutzer eigenständig durchgeführte EKG-Aufzeichnung und -Auswertung per App.

Die einfache Anwendung erfolgt mit einer kostenlosen App, einem EKG-Kabel und nur vier Elektroden. Das Herz wird aus 22 Blickwinkeln betrachtet und kann neben Herzrate und Rhythmus auch lebensbedrohliche Durchblutungsstörungen ausgewerten ganz kann ohne Einweisung eines Arztes verwendet werden. Der Nutzer wird zunächst durch eine Referenzmessung geführt, welche die Vergleichsbasis für jede weitere EKG-Messung darstellt. Nach jedem Herz-Check erhält der Benutzer eine einfache Handlungsempfehlung in drei Stufen: neutral (keine EKG-Veränderungen), gelb (Arztbesuch in näherer Zukunft planen) und rot (sofort zum Arzt). Die Auswertung erfolgt innerhalb weniger Sekunden auf dem mobilen Endgerät (Apple oder Android). Der optionale Link zur Weiterleitung zu einem persönlichen Arzt ermöglicht es diesem nie dagewesene Daten zur Diagnose zu erhalten und eine effektive Therapie zu gestalten.

Zielgruppe für das mobile checken des Herzes sind Menschen zwischen 40 und 70 Jahren die ein Smartphone oder Tablet besitzen, mit typischen Herzbeschwerden, wie Herzstolpern, Brustschmerzen oder Schwindelgefühl, mit oder ohne Diagnose eines Arztes. Betroffene stehen oftmals vor dem Problem auch nach einer Untersuchung, z.B. mit einem Langzeit- oder Ruhe-EKG, keine abschliessende Diagnose zu erhalten. Zwischen dem Auftreten der Symptome und der Untersuchung ist oftmals zu viel Zeit vergangen.

Auf der Basis von mehr als 30.000 EKG-Daten, ermöglicht es Diagnosen am Herzen, präziser und im frühen Stadium zu erstellen. In Zukunft können mit Hilfe von Algorithmen Vorhersagen über kritische Herz-Ereignisse errechnet werden und neue Kenntnisse über deren Entstehung erhoben werden. www.cardiosecur.com

Keine Sorge mehr um Oma und Opa

Krankenhausaufenthalte älterer, chronisch kranker Patienten lassen sich durch das frühzeitige Erkennen von Verschlechterungen des Gesundheitszustandes verhindern. Durch die  Hilfe von intelligenten Algorithmen ist die Lösung ein Hausnotrufsystem. Damit lässt das Risiko für eine Krankenhauseinweisung innerhalb der nächsten 30 Tage vorherzusagen. So können Betroffene beim Hausarzt einbestellt oder von einem Pflegedienst ambulant behandelt werden, bevor sie stationär aufgenommen werden müssen.

Das Hausnotrufsystem von Philips CareSage wirkt der Neigung vieler Senioren entgegen, Sturzereignisse zu verschweigen oder zu bagatellisieren, weil sie niemandem zur Last fallen möchten. Der Marktführer aus den USA besteht aus einer Basisstation und einem am Handgelenk oder um den Hals getragenen Funksender. Erkennen die im Funksender integrierten Sensoren einen Sturz, lösen sie automatisch einen Notruf aus. Binnen kürzester Zeit meldet sich ein Mitarbeiter der Leitstelle - 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr. Auf dem Computerbildschirm sieht er die für den Kunden hinterlegte Adresse und weitere personenbezogene Daten, zum Beispiel Informationen zu Vorerkrankungen und verordneten Medikamenten, aber auch Kontaktdaten des Hausarztes oder von Angehörigen. Über die Freisprechanlage kann der Hilfebedürftige von überall in der Wohnung seine Situation schildern. Je nach Bedarf werden Nachbarn, Angehörige oder der Notarzt verständigt. Die Leitstelle bleibt so lange mit dem Kunden in Kontakt, bis Hilfe eingetroffen ist.

Um der Reduzierung des Kostendrucks im Gesundheitssystem beizutragen, ist die Einführung in Deutschland für 2017 geplant. In Nordamerika sind bereits sieben Millionen Senioren angeschlossen. www.philips.de

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