Montag, 6. September 2021

Wie die Autohersteller mit der Software den Anschluss halten wollen

Wenn Automobilmanager über die Mobilität der Zukunft reden, geraten fast alle ins Schwärmen. „Voll digital“ und „vernetzt“ werden die Vehikel in einigen Jahren unterwegs sein. Alles wird komfortabel und einfach, angefangen vom autonomen Fahren bis hin zum Reisen von A nach B. Für die Menschen heisst es nur noch einsteigen und geniessen.

Bis 2030 wird der Markt für Mobilitätsdienstleistungen voraussichtlich von heute unter zehn Milliarden US-Dollar auf über 100 Milliarden US-Dollar anwachsen. Für die Geschäftsmodelle der Fahrzeughersteller bedeutet dies, dass sich ihr Umsatz- und Gewinnpools bis 2030 schrittweise verschiebt. Zunächst vom Verbrenner zum Elektroauto, später, wenn das autonome Fahren zusätzliche Umsätze bietet, zu Software und Diensten. Die Geschäftsmodell bringen tiefgreifende Veränderungen für alle Hersteller. Die Frage ist nur, ob man sich das Bett „mit dem Teufel teilen will“, wie es ein Manager, eines britischen Automobilherstellers, einmal bezeichnete. In dem Mass, wie die Software zum integralen Bestandteil der Autos wird, verändert sich das Geschäftsmodell von Software-Zulieferern.

Warum es bei Software nicht ohne Tech-Player geht
Ohne Tech-Player wird es die schöne neue Welt der vernetzten Autos nicht geben. OEM „Original Equipment Manufacturer“, ist eine Firma, die Produkte entwickelt, produziert und herstellt, aber nicht notwendigerweise unter eigenem Namen in den Verkehr bringt. Viele Automobil-OEMs arbeiten schon mit diesen Tech-Player zusammen. Grosse Konzerne verfügen zwar über Budgets und vielfach auch über passende Kompetenzen, der Faktor Zeit ist für alle eine nahezu unüberwindbare Hürde. Die Systeme werden schliesslich eher heute und nicht erst in drei oder vier Jahren benötigt. Nur 40 Prozent der Auto-Software ist wettbewerbsrelevant. 

Die deutschen OEMs setzen auf eigene Betriebssysteme .Viele sehen die Partnerschaft mit einem chinesischen Unternehmen kritisch. Vor allem die deutschen OEMs wie BMW, Volkswagen und Daimler wollen ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen und beschreiten den Pfad, den Tesla vorgegeben hat. „Diese ‚Own-OS-Player‘ sehen und verfolgen bewusst den Vorteil hoher Eigenwertschöpfung rund um Kundenerlebnis und Software-Stack im Fahrzeug. Um diesen zu kapitalisieren und zu entwickeln schützen sie ihre eigenen Betriebssysteme dadurch die Kundenschnittstelle vor dem Zugriff fremder Akteure.

Volkswagen setzt diese Strategie beispielsweise mit der 100-prozentigen Tochter Cariad um. Aktuell tüfteln rund 4.500 Mitarbeiter an einer einheitlichen, skalierbaren Softwareplattform für alle Marken des Konzerns. Bis 2025 will VW bei Cariad den Eigenanteil der Entwicklung von Fahrzeugsoftware im Volkswagen Konzern auf 60 Prozent anheben. Ganz allein wagen sich die Wolfsburger dann doch nicht in das digitale Wasser und haben Anfang 2021 die Partnerschaft mit Microsoft vertieft, die zum Aufbau einer cloudbasierten Entwicklungsplattform für das automatisierte Fahren (Automated Driving Platform) führen soll. In der Autobranche hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die reine Fahrzeugproduktion künftig nicht mehr für sprudelnde Umsätze sorgen wird.

Bei BMW arbeiten die Entwickler mit Hochdruck daran, den elektrischen iX noch dieses Jahr mit einem eigenen Betriebssystem auszustatten. Etwas langsamer geht es Daimler an. Daimler Ziel ist es, 2024 ein eigenes, datengestütztes und flexibel updatebares. Mercedes-Benz will das Operating System in ihre Fahrzeuge bringen und damit das Fahrzeug intelligent mit der Cloud und der IoT-Welt vernetzen. Mit digitalen Services will Mercedes bereits in vier Jahren rund eine Milliarde Euro an erwirtschaften und erwartet bis 2030 ein deutliches Wachstum durch Abo-Modelle und Funktionen, die drahtlos freigeschaltet werden können.

Quelle: autoMOTIVES

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