Sonntag, 1. November 2015

MEDIENTAGE MÜNCHEN 2015 (1)


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Die Medientage München standen dieses Jahr unter dem Motto „Digitale Disruption - Medienzukunft erfolgreich gestalten“. Die Digitalisierung verändert alles in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit.  Die Digitalisierung hat aber bereits begonnen und wird die Arbeitsweise und Jobprofile von Journalisten grundlegend verändern.

In 100 Einzelpanels diskutierten 450 Referentinnen und Referenten über die Auswirkungen von neuen Geschäftsmodellen auf Lokalradio, Sendetechnik, Apps, Werbung, Empfangsarten, einfach über die gesamte Medienbranche. Neben den Schwerpunkten Big Data, Medien- und Netzpolitik, Publishing, TV und Radio wurde erstmals ein Europatag angeboten. Der Europatag war der Auftakt zu einer neuen festen Reihe bei den MEDIENTAGEN MÜNCHEN. Kaum ein Panel, auf dem Google, Facebook, Amazon oder Netflix angesprochen wurde: Die US-Giants prägten die 29. Medientage München.

Qualität statt 24/7-Byte-Geballer

Ilse Aigner, Bayerische Staatsministerin für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, hatte zum Auftakt der MEDIENTAGE MÜNCHEN medienpolitische Eckpunkte der Bayerischen Staatsregierung für die digitale Medienzukunft genannt. Es gehe darum, Medienförderung als Gründerförderung zu begreifen.

Die Digitalisierung bedeutet für Medienpolitik und -regulierung, Medienunternehmen und Mediennutzer eine grosse Herausforderung. Für die klassischen Medienunternehmen geht es nun darum, jüngere Rezipienten nicht an die Online-Welt zu verlieren. Die Onlinewerbung wachse, aber ersetze noch längst nicht die Einbrüche im klassischen Werbegeschäft. Der Slogan der Werbewirtschaft, die quantitative Klickjagd unter dem Motto ‚Klick mich‘ ist so erotisch wie die alten Sado-Maso-Call-in-Formate im Privat-TV. Es braucht ästhetische, unaufdringliche und passgenaue Angebote – die gegen Regulierungen oder das Aussperren von Adblockern helfen. Zuviel Werbung gefährde auf Dauer das Internet. Im World Wide Web herr­scht „Reiz­über­flu­tung statt Qua­li­täts­bot­schaf­ten“. Gemeint ist die Non-Stopp-Wer­be­flut ein „24/7-Byte-Ge­bal­ler“. Gefor­der­te, wird mehr krea­ti­ve En­er­gie auf gute Wer­bung, auf an­spre­chen­de und fas­zi­nie­ren­de Bot­schaf­ten. Ge­fragt sind Wer­be­for­men, „die nicht ner­ven“ und die auf ein­zel­ne Nut­zer zu­ge­schnit­ten sind. Wich­ti­ger als Klick­ra­ten werden Ver­weil­dau­er und In­ter­ak­ti­on sein. Wichtig ist, dass Medienunternehmen etwas Neues machen und nicht das gängige Geschäftsmodell der Online-Werbung "bis zum letzten Tropfen ausquetschen".

Moderator und Entertainer Thomas Gottschalk wollte bei der Gipfel-Podiumsdiskussion ausloten, ob sich mit Streaming-Diensten und Video on Demand per Internet das Ende der Fernseh-Ära ankündigt? Das Unternehmen YouTube-Kanal entwickelte sich zum Multi-Channel-Network. Inzwischen werden eigene Serien, Filme und Shows für die Zielgruppe der Kinder und jungen Jugendlichen produziert. Kinder sind dem Medium Fernsehen nicht mehr sehr treu. Die klassische TV-Branche ist vor einem Generationenabriss! Junge Leute haben eine eigene Art, Medien zu nutzen. Sie sehen Videos weniger lange an als ältere Zuschauer. Für alle Altersgruppen, steht Amazon Prime aber "noch ganz am Anfang". Amazon Prime biete zwar ein "herausragendes Programm". Streaming-Anbieter müssten aber erst noch beweisen, dass sie dauerhaft Erfolg haben könnten.

Mit der charmanten Frechheit erzählte Thomas Gottschalk von seiner Karriere, die ihren Anfang einmal beim Jugendfunk Bayern 3 hatte. Aber auch seinem Befremden, dass sein Sohn sich im verschlossenen Badezimmer ausgerechnet von YouTube-Stars beim Krawattebinden helfen lässt.

Aber das lineare Fernsehen wird es noch lange geben, zum Beispiel produziert ProSiebenSat.1 längst für alle Plattformen. Streaming-Dienste mit US-Serien sind sehr erfolgreich. Dies wird aber nicht dazu führen, dass künftig Algorithmen über das Programm bestimmen könnten. In das Geschäft mit TV-Serien wird im nächsten Jahr auch Sky Deutschland einsteigen. Im Laufe der Diskussion an den MEDIENTAGEN MÜNCHEN wurde deutlich, dass Amazon & Co. intelligente Unterhaltungsformate anstreben, damit aber keinen Bildungsauftrag verbinden. ZDF-Programmdirektor Himmler betonte in diesem Zusammenhang, öffentlich-rechtliches Fernsehen will bilden und versuche beispielsweise, fiktionale Stoffe durch entsprechende Dokumentationen zu ergänzen.

Vieles von dem, was die Zukunft des Fernsehens ausmachen wird, ist heute bereits vorhanden TV-Anbieter müssen ihre Inhalte stärker auf die individuellen Gewohnheiten ihrer Nutzer ausrichten. Eine exakte Definition von Grundversorgung gibt es zwar nicht, denn es ist sehr schwer ein Definition, ein für alle Mal abschliessend zu geben: „Fernsehen ist etwas Dynamisches und wird es bleiben.“

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