Dienstag, 10. November 2015

Wie digital ist die Schweiz und Europa unterwegs?

Die Welt wird digital, immer vernetzter. Wo steht die Schweiz, wo steht Europa? In Anwesenheit von Bundesrätin Doris Leuthard und Günther H. Oettinger, EU-Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft, wurden am vierten Infrastrukturtag des Eidgenössischen Departementes für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) anfangs November, mit Fachleute aus dem In- und Ausland Erkenntnisse und der digitalen Vernetzung diskutieren. Besteht für den Staat Handlungsbedarf, hinsichtlich des Schutz vor Risiken? Gewarnt wird vor der unkontrollierten Eigendynamik der Systeme. Der Begriff Big Date, lässt einem nicht mehr erschrecken, jemand wird es schon zum guten richten. Big Data bezeichnet die Entwicklung und den Einsatz von Technologien, welche es erlauben, dem Nutzer, zur rechten Zeit die richtige Informationen aus den in unserer Gesellschaft seit längerem exponentiell anwachsenden Datenbestände zu liefern. Dabei besteht die Herausforderung, immer grössere Datenvolumen in immer kürzerer Zeit zu verarbeiten. Die Schwierigkeit ist, mit der zunehmenden Vielfältigkeit der Formate, der Komplexität und der Verlinkung der Daten fertig zu  werden. Es geht auch um den Spitzenplatz in der IT-Infrastruktur Industrie 4.0. Wer die Daten hat hat Macht.

Bundesrätin Doris Leuthard setzte sich für den digitalen Ausbau und die digitale Vernetzung von Infrastrukturen, Wirtschaft und Gesellschaft ein. Frau Leuthard sieht aber auch Aspekte und Gewohnheiten, die man berücksichtigen muss. Der Umstieg von Gewohnten zu Neuem braucht Zeit. Gerade im Hinblick auf täglich rund 200’000 produzierten neuen Varianten von Viren, Würmer und Trojaner die produziert und von Häckern genutzt werden. Darum muss Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) bereichsübergreifend und vernetzt ausgebaut und angewendet werden. Neben der Förderung der Infrastrukturen steht die digitale Vernetzung von Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und die Wert- und Effizienzsteigerung für den Werkplatz Schweiz im Zentrum. Gerade im Gesundheitswesen oder bei der Mobilität, ist noch grosser Aufholbedarf. Die Schweiz ist top aufgestellt bezüglich Infrastruktur, muss aber schneller agieren.

EU-Kommissar Günther H. Oettinger betonte, die Europäische Union wie auch die Welt erlebe eine digitale Revolution. Als Teil dieser Revolution werde die Datenmenge exponentiell ansteigen. Was aber für Europa fehlt sind definierte Normen und Standards um die Prozesse zu steuern. Die Normierung soll im europäischen Rahmen bis 2020 abgeschlossen sein. Die Vorgabe ist 30 MB flächendeckend und für 50 Prozent der Haushalte 100 MB. Gerade im Hinblick auf den Generationenwechsel in 10 Jahren stelle man sich vor, wenn der Opa mit 92 Jahren, im Alter der Enkelkinder mit 5 Jahren, ohne Smartphone, im Graubünden oder im Schwarzwald stirbt. Die verfügbare Datenmenge fällt von Null auf Null. Nach der Trauerzeit, wenn die drei Enkelkinder, mit dem geerbten Geld einen Telekomvertrag und  ein Smartphon kaufen steigt die Datenmenge jeden Tag um drei mal 100 Prozent steigt. Bisher war Europa zur Bewältigung der Datenmenge  mit 3G, 4G führend. Die Marktreife für 5G sollte bis 2020 erreicht sein. Heute plant die europäische Industrie und die Investoren schon für 2025 five G um dann die Datenmenge zu bewältigen. Das bisher, anhaltend und  steigende Wachstum der Datenkommunikation, waren auf Grund der Glasfasernetze, vorerst keine Leistungsgrenzen gesetzt.

Von einer flächendeckende Vernetzung ist man aber heute in Europa noch weit entfernt. Kommissar Oettinger demonstrierte ein Fahrt von Stuttgart in die Lombardei. Bei jedem nationalen Gebietsübertritt entsteht ein kurzes Funkloch durch den Wechsel der nationalen Netzanbieter. Dies kann es nicht sein, genau aus Sicht des Datenaustausch für die angekündeten selbstfahrenden Fahrzeuge ab 2020/2025. Es ist darum höchste Zeit, die Fernmeldegesetz zu modernisieren und zukunftsträchtige Rahmenbedingungen für die Mobilkommunikation zu schaffen.

Zusammenfassung
Das UVEK fragte am Infrastrukturtag 2015 nach dem Stand der Digitalisierung in der Schweiz. In Sachen Technik und Infrastruktur ist man in der Schweiz auf höchstem Weltniveau unterwegs. Den ersten Platz nimmt Singapur ein, die Schweiz den sechsten Platz, den 13. Platz Deutschland und Österreich folgt auf Platz 20. Insbesondere bei der Umsetzung in konkrete Geschäfts- und Businessmodelle hapert es. Derzeit wird die Wertschöpfung auf den mehr oder weniger guten Infrastrukturen der europäischen Ländern, meist den amerikanischen Konzernen überlassen. Wirtschaftlich wäre ein Umdenken und ein grundsätzlicher Wandel für die Digitalisierung ein guter Rat. Angesichts der rasant zunehmenden Vernetzung sollte der Staat als "Koordinator, Moderator und Vermittler" agieren. Nationalrat Ruedi Noser redete dann auch Klartext: "Wir haben in der Schweiz zuviel Regulierung und keine Geschäftsmodelle". Startups werden in der Schweiz durch die Regulierungswut regelrecht abgewürgt. So habe etwa die Finanzmarktregulierung zur Folge, dass Schweizer Unternehmer Firmen in London gründen. Die schweizerisch Steuergesetzgebung behindert Jungunternehmer und schreckt Investoren ab. Neben der vorsorglichen Risikoabschätzung, ist es schwierig, Innovationen überhaupt erst einmal auszuprobieren. Die Schweiz sollte sich von einer Nulltoleranz-Kultur verabschieden. Man solle hierzulande nicht ständig die Technik um Rat fragen, wenn es darum gehe, mit der Digitalisierung neue Wertschöpfungspotentiale zu erschliessen. Die drängendsten Fragen stellen sich im Bereich des Schutzes von Personendaten. Einzelne Stimmen warnen vor der unkontrollierten Eigendynamik der Systeme, wenn immer mehr Entscheide auf Algorithmen basieren. Für den Finanzsektor braucht es keine Banken mehr, alles lässt sich zu jeder Tageszeit über das Datennetz abwickeln.

Die Deutsche Bank als Marktführer im digitalen Banking hat bereits eine Reihe neuer digitaler Angebote "Meine Bank"-App für die Apple Watch eingeführt. Smart Überweisung als komfortables Mobile-Banking mit der photoTAN und dem sicheren Einloggen per Fingerabdruck. Ziel der Banken wird sein, Kunden das Know-how ihrer Berater jederzeit und an jedem Ort verfügbar zu machen. Schon heute nutzen mehr als die Hälfte der mehr als acht Millionen Kunden in Deutschland die Online-Dienste der Deutschen Bank. Neun von zehn Transaktionen, des einfachen Zahlungsverkehrs, werden bereits online oder mobil abgewickelt. Dies entspricht einem Überweisungsvolumen von jährlich mehr als 100 Mrd. Euro. Schleichend wird es Verlierer, Verlust des Arbeitsplatz, aber auch Gewinner geben die einen Platz in der Datenkommunikation finden werden. Der Konsumenten bestellen und kauft ja heute schon mehrheitlich Waren über das Netz.

Eine im Auftrag des Bundesamt für Kommunikation gegebene Studie zeigte, dass die gesellschaftliche Implikation von Big Data stärker in den Fokus gerückt werden muss. Erstens den Aufbau einer nationalen Dateninfrastruktur, zweitens das Installieren eines Missbrauchsschutzes und drittens die Implementierung des Prinzips der persönlichen Datenhoheit. Neben den klassischen Infrastrukturen wie Schiene, Strassen, Wasser- Strom- und Gasleitungen wird die Zukunft, die ganze Bandbreite der ICT-Infrastrukturen von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft prägen. 

Einmal jährlich legt das UVEK den Fokus auf einen bestimmten Bereich der nationalen Infrastrukturen. Zum vierten Mal organisiert das UVEK die Infrastrukturtagung 2015.

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