Mittwoch, 3. Juni 2015

Von der Kutsche zum autonomem Fahrzeug

Ein Automobil, kurz Auto (auch Kraftwagen, früher Motorwagen), ist ein von einem Motor angetriebenes Strassenfahrzeug), das zur Beförderung von Personen und Frachtgütern dient. Innovationen werden aus einem „Zukunftsgeist“ heraus geboren. Sie entspringen einem fortschrittlichen, offenen und an der Zukunft orientierten Denken.

Das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) hatte der Swisscom, Mitte Mai, für ein selbstfahrendes Auto, eine Ausnahmebewilligung erteilt. Die Ausnahmebewilligung war nötig, weil das Lenkrad normalerweise nicht losgelassen werden darf! Man stelle sich vor, wenn im Kutschenzeitalter, mit Pferd und Wagen, der Kutscher die Zügel losgelassen hätte? Die Kutscher ahnten bei der Einführung der Motorwagen, dass eine Konkurrenz gegen die Pferdefuhrwerk aufbaut wird.



2015 bestaunten Journalisten in Zürich die autonome selbstfahrende „Kutsche“. An und für sich eine normales Fahrzeug wie man es gewöhnt ist. Ungewöhnlich war, der auf dem Dach kreisenden Laser um die Umgebung zu erfassen. 



An Bord war auf dem Fahrersitz der Projektleiter und neben dem Fahrer ein sogenannter Sicherheitsfahrer. Was der Kutscher von damals einfach mit seinen Augen an Daten erfasste und auswertete ist gleich geblieben. Wo ist heute der Unterschied zwischen der „analogen Kutsche“ und der zukünftigen, "digitalen selbstfahrenden Kutsche“?
Während der Kutscher früher verhindern musste, dass das Pferd nicht nach einem Grasbüschel, am Wegrand zog, wurde das autonom gesteuerte Fahrzeug 2015 durch einen, in die Fahrbahn hereinragenden Grasbüschel am Strassenrand, ausgebremst. 

Der Sicherheitsfahrer überprüfte, auf dem aufgeklappt Computer die übertragenen Digitaldaten, des auf dem Dach kreiselnden 360-Grad-Laserscanner, mit den dargestellten „Symbole“ die in die digitale Karte übertragen werden. Dabei werden andere Fahrzeug bis auf 100 Meter Entfernung erkannt. Mit Radaren und Videokameras auf allen vier Seiten werden andere Autos, Grasbüschel die sich im Wind  bewegen, Lichtsignalanlagen, vorausfahrende oder geparkte Fahrzeuge und Passanten erfasst. Eine spezielle Software analysiert die Daten, erkennt Fahrsituationen und generiert die notwendigen Fahrbefehle. Dazu steuert ein, im Kofferraum eingebauter Computer, Gaspedal, Bremse, und Lenkung. Ohne Verzögerung muss der automatische „digitale Kutscher“ das Richtige entscheiden.  Er schaltet selbstständig den Blinker ein, schert den Wagen korrekt auf die Abbiegespur und biegt dann flüssig, leicht abgebremst, ab und setzt die Fahrt fort.

Als Mitfahrer, bei einer solchen autonomen Probefahrt, in einer „digitalen Kutsche“, gab es einem dann schon ein komisches Gefühl, als der Lenker sagte: „So nun schalte ich auf Selbstfahren ein.“  Dies war der endgültige Beweis dafür, dass es möglich ist, dass ein Fahrzeug selbst fährt. Das Fahrzeug war aber mit einem Not-Aus-Schalter ausgerüstet.



Die Swisscom, als Telekommunikationsanbieter, erhielt die Bewilligung für diesen selbstfahrenden Versuch Mitte Mai, weil der Telekommunikationsanbieter lernen will, wie der Datenaustausch bei unterschiedlichsten Bedingungen funktioniert. Erfahrungswerte gab es zwar schon aus Einsätzen in Deutschland und Mexiko, wo die Sensoren insbesondere auf die mangelhaften Fahrbahnmarkierungen eingestellt werden mussten. In Zürich wurde festgestellt, dass die Leuchtkraft und Position der Ampeln anders erfasst und durch das digitale System anders ausgewertet wurden.

Noch besteht ein bitterer Beigeschmack. Der Anspruch an die Batterie ist sehr anspruchsvoll. Sind alle Systeme und Sensoren eingeschaltet, ist es möglich, dass die Batterieleistung für eine Fahrt noch 50 bis 60 Kilometer sinkt.

Für die breite Zulassung autonomer Fahrzeuge ist aber noch ein langer Weg. Zur regulären Einführung autonom fahrender Autos bedeutete der Zürcher Versuch einen wesentlichen Schritt. Die gesetzliche Grundlagen für den Einsatz von robotisierten Fahrzeugen steckt noch in den Kinderschuhen. Insbesondere die Haftungsfrage bei Zwischenfällen ist noch völlig ungeklärt. Für das Pilotprojekt in der Schweiz musste eine Haftpflichtversicherung mit einer Deckung von 100 Millionen Euro vorliegen.

Das Pilotprojekt sollte dazu beitragen, allfällige Probleme und Risiken und deren Lösung aufzuzeigen. Erfahrungen zu sammeln und Erkenntnisse fürs weitere Vorgehen zu erhalten. Für die Swisscom dürfte im Vordergrund gestanden haben, in der Schweiz Pionierarbeit in einem wohl bald äusserst lukrativen Markt zu betreiben. Was der Telekommunikationsanbieter Swisscom in der Schweiz testete war als Erste einen autonomen Wagen. Das Hauptinteresse des Telekommunikationsunternehmens lag jedoch nicht beim Fahrzeug. Es ging vielmehr um das Datennetz, immerhin braucht dieses eine entsprechende Infrastruktur. Da ist beispielsweise der Datenaustausch unter den vorausfahrenden und entgegenkommenden Fahrzeugen, aber auch örtliche Daten von einer Lichtsignalanlagen oder von einem mit WLAN ausgerüsteten Lichtmast direkt an das Fahrzeug sendet.

Die Swisscom wolle kein eigenes Auto entwickeln, sagt Mediensprecher Carsten Roetz. «Vielmehr wollen wir die Potenziale des autonomen Verkehrs abschätzen und die Vernetzung des Verkehrs vorantreiben.»

Ob es bis 2020, laut den Marktforschern von Gartner bereits etwa 250 Millionen vernetzte Autos gibt, wird sich zeigen.

Eine Studie von Kaspersky Lab und IAB (Interactive Advertising Bureau) haben verschiedene Sicherheitsrisiken bei vernetzten Autos identifiziert. So gibt es vor allem Schwächen beim Umgang mit Zugangsdaten, bei Apps, Updates und Verbindungen. Über Funktionen wie "automatischer Notruf" können Diebe beispielsweise Kenntnis über den Standort und Zustand des Fahrzeugs erlangen. Das kann ausgenutzt werden, um ein Auto gezielt zu stehlen.

Sicherheitsexperte raten zu mehr Datenschutz, zukunftsfähigen Sicherheitskonzepten und einheitlichen Sicherheitsstandards. Sicherheitsrelevante Fahrzeugelemente, wie Motorsteuerung, Bremse, ABS und Airbags, sollen weitgehend getrennt bleiben vom IT-Systemen, wie Navigation, Telefon und Smartphone-Anbindung - so dass keine Smartphone-App beispielsweise den Motor ausschalten kann.

Bei dem Projekt in Zürich, mussten sämtliche Details der Fahrten aufgezeichnet  werden. Weiter verpflichtete sich die Swisscom dazu, nach Beendigung des Versuchs, einen Schlussbericht zu erstellen. Dieser wird dann auch andern, an einem autonomen Fahrzeug interessierten Unternehmen, zur Verfügung stehen.